Sie hat unendlich viel gegeben, und es wird unendlich Vieles fehlen und bleiben.
«Hinter jedem erfolgreichen Mann, steckt eine starke Frau» - ein alter Spruch, den wir gerne beiziehen könnten, wenn wir an Heinz und Eva Lippuner denken. Aber der Spruch greift zu kurz. Eva stand nicht hinter ihrem Mann Heinz – 1974 Gründer unseres Vereins Incomindios, aber auch von EDAI (Economic Development for Amerindias) und vom Freundeskreis des Nordamerika Native Museums AMERINDIAS – sondern sie war ebenbürtig neben ihm, manchmal auch schützend vor ihm, seine grosse Stütze und sein Gewissen, oder seine Erinnerung daran, dass auch der Tag ihres Mannes nur 24 Stunden zählt.
Heinz der Germanist, der Mittelschullehrer, der Kunsthistoriker, der Gründer von Menschenrechtsorganisationen, der Züchter von alten Apfelsorten, der kompromisslose AKW-Gegner und Verfechter der Rechte Indigener Völker – er weiss enorm viel, kann enorm gut vermitteln, und wie es die Indigenen sagen, «he walks the talk», er steht zu seinen Überzeugungen. Und so auch Eva, seine geliebte Frau, aber nicht etwa, weil sie aus einer Generation stammte, die eher geneigt gewesen ist, dem eigenen Mann widerspruchslos zu folgen, sondern weil sie von seinem Tun ebenso überzeugt war, wie er; im Grunde genommen war es immer ihr gemeinsames Tun. Heinz sprach sich immer mit Eva ab, seine Termine wurden koordiniert, seine Probleme mit ihr besprochen, Freud und Leid geteilt.
Eva war seine Frau, beste Freundin, Kumpanin, Vertraute, «Gschpänli», Mutter ihrer Kinder, Grossmutter und Urgrossmutter. Sie war aber auch eine selbständige Frau, Lehrerin, engagierte Aktivistin für den Bio-3.Welt-Laden im Dorf, und vor allem hatte sie ihren eigenen Kreis von Menschen, denen sie Verständnis und Unterstützung schenkte. Sie hatte für alle Menschen, die in ihren Kreis traten, ein genuines Interesse, wollte wissen, worum es einem ging, woher man kam und wohin man wollte. Ihr Heim in Grüt war immer offen, für alle, nie wurden ihr neue Begegnungen zu viel; ihre Gastfreundschaft bestand nie nur aus einem feinen Essen und der berühmten, selbstgemachten Schwarzwäldertorte sowie einer Übernachtung. Evas Neugier am Menschen war echt, aufrichtig, immer bereit zu vernetzen und auszuloten, wie sie ihren Gästen – ob indigen, aus der Schweiz oder anderswoher – etwas mitgeben konnte, auf ihrem Lebensweg, auf dem sie das Haus der Lippuners gekreuzt hatten.
Der Fonds zu Ehren von Eva Lippuner schliesst einen Kreis, der 1984 mit einer gemeinsamen Reise der Eheleute zur Deganawidah-Quetzalcoatl-University in Davis, Kalifornien begann. Die damals 1971 gegründete und einzige stammesunabhängige indigene Universität stand im Interesse von Incomindios. Heinz und Eva Lippuner fragten den Rektor, welche Form der Unterstützung am meisten Sinn machen würde: Ein Stipendium für einen Studenten oder eine Studentin der Universität, um das Studium durchziehen zu können, war die Antwort. So richtete Incomindios ein Stipendium für jeweils eine Studiendauer aus – bis zu Schliessung der D-Q-University im Jahre 2005. Eva freut sich sicher, dass nun wieder ein Scholarship für junge Indigene zu ihren Ehren eingerichtet wird, sie sah Bildung und Schulung immer als Türöffner und Wegweiser in eine gesicherte Zukunft; das gilt auch heute noch – vor allem für die Indigenen.
von Helena Nyberg